Dialogischer
Mathematikunterricht

Der Kreislauf des Lernens

Die Unterrichtseinheit wird von Gallin und Ruf in vier Stationen eines Kreislaufes eingeteilt: Kernidee, Auftrag, Reisejournal, Rückmeldung.

Der erste Abschnitt enthält eine Einführung in das neue Thema von Seiten des Lehrers, wobei die Kernidee entwickelt und die zentrale Frage vorgestellt wird. Diese Einführung hat vor allem die Aufgabe, die Schüler für das neue Thema zu motivieren und soll auf die singuläre Erfahrungswelt der Schüler eingehen. Sie kann in Erzählform dargeboten werden, sollte einen vagen Umriss des Stoffgebiets geben und die Schüler zum Forschen ermutigen. Dies verlangt von der Lehrperson ein hohes Maß an Kreativität und Fantasie und erweist sich deshalb häufig als besonders schwierig.

Der Einführungsphase folgt dann die Phase der individuellen Begegnung, in deren Zentrum das von Gallin und Ruf bezeichnete Reisejournal (auch Lernjournal oder mathematisches Tagebuch genannt) steht. In diesem unkonventionellen Schülerheft bearbeiten die Schüler selbständig die mathematische Fragestellung und notieren sich nicht nur die einzelnen Rechenschritte, sondern - und das ist das Besondere des Dialogischen Unterrichts - sie kommentieren auch jeden ihrer Gedanken in Form kurzer Texte. Kommentieren bedeutet dabei eine Beschreibung und auch eine Bewertung der Vorgehensweise.

Die Sprache hat in all diesen Fällen die Aufgabe, den Prozeß des Verstehens zu aktivieren und die gewonnenen Einsichten zu festigen. Auf diese Weise nimmt mit der Sachkompetenz auch die Sprachkompetenz zu. (Gallin, Ruf und Sitta 1995)

Die Rolle des Lehrers beschränkt sich in dieser Phase auf die individuelle Beratung und vor allem auf die Ermutigung und Motivation des Einzelnen, wobei man vorsichtig vermeiden muss, zuviel zu verraten oder die Schüler zu sehr auf den konventionellen Weg zu führen.

Den nächsten Abschnitt bildet eine sogenannte Präsentationsphase, in welcher der erarbeitete Stoff im besten Fall von Schülern, anderenfalls von der Lehrperson zusammengefasst vorgetragen wird. Nach der intensiven Erarbeitungsphase kann diese Phase recht kurz gehalten werden, da kein großer Motivationsaufwand betrieben werden muss. Die meisten Schüler wollen zu diesem Zeitpunkt einfach die "richtige" Lösung wissen bzw. ihre Lösung verifiziert bekommen.

Präsentationstechniken können natürlich nicht vorausgesetzt werden, sondern müssen mit der Klasse eingeübt werden, um diese Präsentation auch bewerten zu können. Besonders an dieser Stelle ist eine Zusammenarbeit mit dem Fach Deutsch erwünscht. Dem Deutschlehrer sollte die stilistisch-formale Betreuung und ein Teil der Präsentationsbewertung obliegen. Die Beurteilungskriterien sollten dabei für die Schüler transparent gemacht bzw. mit ihnen aufgestellt werden. Die Schülerpräsentation sollte ohne Unterbrechung ablaufen. Fehler und Probleme können und müssen dann im Anschluss diskutiert werden.

Den eigentlichen, im Vergleich zur vorangegangenen produktiven Phase, rezeptiven Abschluss einer Unterrichtseinheit bildet die Rückmeldung der Lehrers an den Schüler bezüglich seines Arbeitsauftrages, die im optimalen Fall auf eine neue Kernidee hinweisen kann.